25.Okt.2025 /P-headli.-cont.-red./462[163(38-22)]/CLA-298/37-2025

Crivitzer Energiezukunft – Gleichgewicht auf dem Papier, Schweigen in der Realität
In Crivitz wird derzeit viel über Energie gesprochen – aber wenig öffentlich. Die Crivitzer Wärme-GmbH, einst als übergeordnete Trägergesellschaft für nachhaltige Projekte wie Windkraft, Solarenergie, Biogas und ein Heizkraftwerk in der Neustadt Crivitz angekündigt, soll nun zur gleichberechtigten Partnerschaft zwischen der Stadt und der WEMAG AG werden. 50:50 – das klingt nach Partnerschaft, Mitsprache und Verantwortung. Doch hinter dieser Fassade verbirgt sich ein komplexes Geflecht aus Intransparenz, widersprüchlicher Kommunikation und politischer Selbstinszenierung.
Besonders bemerkenswert ist die abrupte Kehrtwende in der öffentlichen Darstellung durch Alexander Gamm (in Facebook auch als Paul Hermann unterwegs). Noch am 23.09.2024 hatte er in der Stadtvertretung erklärt, dass die Stadt Crivitz lediglich eine untergeordnete Rolle in der geplanten Gesellschaft einnehmen werde – von einer gleichberechtigten 50:50-Beteiligung war damals keine Rede. Umso überraschender war seine „sensationelle“ Ankündigung in der Einwohnerfragestunde am 30.06.2025, die er wieder einmal als Bühne nutzte und in der er plötzlich erklärte, es handele sich um eine paritätische Beteiligung mit der WEMAG. Laut Protokoll heist es: „Zur gemeinsamen Gesellschaft mit der WEMAG: Es handelt sich nicht um eine Minderheitsbeteiligung der Stadt. Aus den Unterlagen, die auch der AfD-Fraktion zur Verfügung stehen, ist klar ersichtlich, dass es sich um eine 50-50-Beteiligung handelt.“ Welche Unterlagen? Diese Aussage widerspricht nicht nur seinen eigenen früheren Ausführungen, sondern wirft auch die Frage auf, warum diese „neue Realität“ nicht längst offen kommuniziert wurde – und warum offenbar nur eine einzelne Fraktion Zugang zu den entscheidenden Unterlagen erhielten und nicht die gesamte Stadtvertretung.
Noch im Stadtblatt 09/2023 wurde die Arbeitsgruppe „Wärme und Energie“ als offenes Bürgerformat beworben. Wörtlich hieß es: „Wir laden sehr gerne zum Mitmachen ein, weil es uns alle betrifft und Lösungen braucht, die wiederum uns alle betreffen. Sprechen Sie unsere Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter direkt an, kommen Sie in unsere Sitzungen und bringen sich ein.“ Ein Aufruf zur Beteiligung, zur Mitgestaltung, zur Transparenz. Doch was folgte, war das genaue Gegenteil: Nach der Kommunalwahl 2024 wurde die Arbeitsgruppe faktisch zur Blackbox erklärt – ein „Top-Secret“-Gremium, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagte. Keine öffentlichen Protokolle, keine Einladungen, keine Beteiligung. Die Öffentlichkeit wurde systematisch ausgeschlossen, Informationen wurden nur selektiv und häppchenweise präsentiert – stets durch denselben Akteur: Alexander Gamm.

Herausgeber: Stadt Crivitz, Rathausstraße 1, 19089 Crivitz Redaktion: Britta Brusch-Gamm, J. Nützmann, B.Pirl
Quellen: Text: B. Brusch-Gamm, M. Schulz, Alexander Gamm, J. Heine, U. Fritsche, J. Nützmann, B. Pirl
Bild: B. Brusch-Gamm, J. Heine, M. Schulz, A. Pirl, B. Pirl, J. Nützmann; Clker-Free-Vector-Images,
WEMAG/Michel Krüger, Wappen Bönnigstedt, Geoportal
Auflage: 2500
Alexander Gamm, Vorsitzender der Arbeitsgruppe, jetzt sachkundiger Einwohner im Bauausschuss ( CWG – Crivitz) , Ehemann der Bürgermeisterin ( Crivitzer Wählergemeinschaft) und jetzt vermutlich auch führender Kopf der Crivitzer Wählergemeinschaft (CWG), war nicht nur zentraler Strippenzieher im Hintergrund – er war auch der Autor des Stadtblatt-Artikels, in dem die Bürgerbeteiligung groß angekündigt wurde. Dass ausgerechnet er es war, der diesen Prozess in die Intransparenz führte, ist mehr als nur ein politischer Widerspruch – es ist ein Paradebeispiel für kontrollierte Öffentlichkeit.
Die CWG, die von 2019 bis 2024 mit absoluter Mehrheit die Geschicke der Stadt bestimmte, hat diesen Kurs maßgeblich geprägt. Unter ihrer Führung – und mit Alexander Gamm als langjährigem Vorsitzenden des Bauausschusses (als Fraktionschef der Graktion -die LINKE/Heine) – wurde das Thema Energie- und Wärmeplanung konsequent in nichtöffentliche Sitzungen verlagert. Entscheidungen wurden vorbereitet, abgestimmt und verkündet, ohne dass die Bürgerinnen und Bürger je die Möglichkeit hatten, sich einzubringen oder auch nur umfassend informiert zu werden.
Rechtlich betrachtet ist die Crivitzer Wärme-GmbH eine kommunale GmbH – genauer: ein kommunales Unternehmen in Privatrechtsform. Denn mit 50 % Beteiligung übt die Stadt maßgeblichen Einfluss aus. Damit unterliegt die Gesellschaft den strengen Vorgaben der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern. Die Gründung muss angezeigt und genehmigt werden. Die Rechtsaufsicht prüft, ob der öffentliche Zweck erfüllt wird, ob das Engagement mit dem Haushalt vereinbar ist und ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Besonders brisant wird das, wenn die Kommune – wie Crivitz – finanziell angeschlagen ist. Der Haushalt 2025 der Stadt Crivitz ist bereits belastet, und die Wärme-GmbH wird zunehmend als Einnahmequelle dargestellt. In der öffentlichen Stellungnahme der Bürgermeisterin im Oktober 2025 heißt es: „Seit nunmehr fast drei Jahren arbeiten wir in einer Arbeitsgruppe gemeindeübergreifend (ohne Sitzungsgeld, Mitglieder nehmen Urlaub für wichtige Termine tagsüber) an einem Wärme- und Energiekonzept mit der WEMAG, um auch hier mehr Einnahmen aber auch Kostenminimierung durch das Strom Bilanzkreis- Modell für Schule, Kita und Turnhalle zu erreichen.“ Die ursprüngliche Zielsetzung – bezahlbare Versorgung, Bürgernähe, Nachhaltigkeit – weicht einem neuen Fokus: Haushaltsrettung. Die Wärme-GmbH wird zur Hoffnungsträgerin für kommunale Liquidität. Doch das ist rechtlich heikel: Kommunen dürfen keine privaten Unternehmen subventionieren. Sie dürfen keine Kredite aufnehmen, um Verluste auszugleichen. Und sie dürfen keine Beteiligungen eingehen, die den eigenen Haushalt gefährden.

Parallel zur Wärme-GmbH wird ein weiteres Großprojekt vorbereitet: die Gründung einer Betreibergesellschaft für Windenergie im Gebiet Crivitz-West. Der kommunale Anteil? Nur 30–40 %. Die Bürger? Sie erfuhren davon – immerhin – noch vor Vertragsunterzeichnung, und zwar aus Antragunterlagen vom Mai 2025, die erst im September 2025 öffentlich bekannt wurden. Doch auch hier gilt: Keine öffentliche Debatte, keine echte Beteiligung. Entscheidungen werden getroffen, Beteiligung wird behauptet. Im Antrag zur WEMAG heißt es: „Die Stadt Crivitz und die mea Energieagentur Mecklenburg-Vorpommern GmbH […] beabsichtigen die Entwicklung und Realisierung eines Wärmeversorgungsprojektes […] sowie die Umsetzung von Photovoltaik- und Windenergieprojekten […] insbesondere im Gebiet Crivitz West.“Die Sektorenkopplung – Strom aus Wind für Wärme in der Neustadt – klingt innovativ. Doch wer entscheidet über die Umsetzung? Wer kontrolliert die Einnahmen? Wer schützt die Bürger vor möglichen Belastungen?
In Crivitz kursiert inzwischen ein weiterer Verdacht: Dass die neuen Gesellschaften auch zur Versorgung gescheiterter oder gestrandeter politischer Kandidaten dienen könnten. Die Vielzahl an Gremien, Arbeitsgruppen und neuen Beteiligungsgesellschaften könnte nicht nur Intransparenz, sondern auch neue Posten – fernab öffentlicher Kontrolle schaffen. Die Nähe zwischen Alexander Gamm, der CWG-Fraktion und der Bürgermeisterin Frau Britta Brusch-Gamm wirft Fragen auf.
Crivitz’ Energiezukunft ist zu wichtig, um hinter verschlossenen Türen verhandelt zu werden. Die Bürger verdienen mehr als Informationshäppchen. Sie verdienen Mitsprache, Transparenz und eine Energiepolitik, die nicht nur auf dem Papier gleichberechtigt ist. Die Crivitzer Wärme-GmbH, die Windprojekte Ost und West, die Haushaltslage 2025 – all das sind keine technischen Details, sondern politische Entscheidungen. Entscheidungen, die das Leben der Menschen betreffen. Entscheidungen, die öffentlich diskutiert werden müssen.
Fazit
Die Energieprojekte in Crivitz betreffen uns alle – doch echte Beteiligung fehlt. Was als offene Bürgergruppe angekündigt wurde, wurde hinter verschlossene Türen verlagert. Die Crivitzer Wärme-GmbH, die Windprojekte und neue Gesellschaften entstehen ohne öffentliche Debatte, mit widersprüchlichen Aussagen und fragwürdiger Transparenz. Die Stadt geht finanzielle Risiken ein, während zentrale Entscheidungen von wenigen Personen gesteuert werden – allen voran Alexander Gamm und die CWG.
Jetzt ist es Zeit, Fragen zu stellen, Einblick zu fordern und dafür zu sorgen, dass Crivitz’ Energiezukunft nicht nur verwaltet, sondern gemeinsam gestaltet wird.