*Entwurf*- Bürgerbeteiligungsgesetz 2.0 Wind- und Solarenergie

14.Nov.2025 /P-headli.-cont.-red./467[163(38-22)]/CLA-303/42-2025

Beteiligung oder nur ein schöner Name?

Akzeptanz durch Beteiligung? Der neue Entwurf im Check!

Die SPD- und Linke-geführte Landesregierung von MV hat einen neuen Entwurf des Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetzes (BüGembeteilG M-V) vorgelegt. Es soll die Menschen stärker am Ausbau von Wind- und Solarenergie beteiligen und gleichzeitig die Akzeptanz für neue Anlagen erhöhen. Auf dem Papier klingt das nach Fortschritt – doch wer genauer liest, erkennt schnell: Die Beteiligung bleibt kompliziert, unverbindlich und für die Bürger meist nur ein Versprechen.

Der Wirtschaftsminister Herr Minister Dr. Wolfgang Blank präsentierte den Entwurf mit Nachdruck:

  • „Der Gesetzentwurf stellt den Verhandlungspartnern einen Baukasten mit Beteiligungsmodellen zur Verfügung. Diese sind im Land erprobt und vielfältig kombinierbar.“
  • „Sollte gar keine Beteiligungsvereinbarung abgeschlossen werden, kommen wir zum Thema der Ersatzzahlung. Die fällt für den Vorhabenträger an das Land. Das Land verwendet die Mittel für Akzeptanz steigernde Projekte im Landkreis des Vorhabens.“
  • Die Landesregierung feiert das Gesetz als Fortschreibung eines Erfolgsmodells: mehr Beteiligung, weniger Bürokratie, höhere Erträge.

„Wind und Sonne: Wer profitiert wirklich?“

Was steht im Gesetzentwurf?

Im sogenannten Standardmodell für Windräder sollen Gemeinden 0,3 Cent pro Kilowattstunde erhalten und die Bürger ebenfalls 0,3 Cent – zusammen also 0,6 Cent. Das ist die Zahl, mit der die Landesregierung wirbt. Allerdings handelt es sich nur um eine Soll-Regelung. Verbindlich ist lediglich eine Beteiligung von 0,2 Cent für die Gemeinde und 0,2 Cent für die Bürger.

Grundlage der Berechnung

  • Die 0,3 Cent/kWh (Wind) und 0,2 Cent/kWh (Solar) beziehen sich immer auf den tatsächlich produzierten und ins Netz eingespeisten Strom. Es geht also nicht um die installierte Leistung (MW) oder theoretische Erträge, sondern um die wirklich erzeugte Energiemenge, die über den Netzanschluss läuft. Damit ist die Berechnungsbasis eindeutig: jede Kilowattstunde, die aus der Anlage kommt und eingespeist wird, löst die Zahlung aus.

Konsequenz

  • Für Gemeinden bedeutet das: Je nach Windjahr oder Sonnenertrag schwanken die Einnahmen. Für Betreiber ist es kalkulierbar, da die Zahlungen direkt an die Einspeisemenge gekoppelt sind. Wenn keine Vereinbarung zustande kommt, fließen diese Cent-Beträge als Ersatzzahlung an das Land und werden über den Landkreis verteilt.

Bei Solarparks sind die Beträge noch kleiner: jeweils 0,1 Cent pro Kilowattstunde für Gemeinde und Bürger. Gemeinden können außerdem statt Zahlungen auch Anteile an Anlagen erwerben oder ganze Anlagen kaufen – eine Option, die in der Praxis wohl nur selten genutzt wird.

Wie laufen die Verhandlungen?

Bei Windrädern: Alle Gemeinden im Umkreis von 2,5 Kilometern müssen einbezogen werden. Bei Solarparks: Nur die Standortgemeinde ist beteiligt. Wenn mehrere Gemeinden betroffen sind, müssen sie sich auf eine gemeinsame Verhandlungsführung einigen. Tun sie das nicht, übernimmt automatisch das zuständige Amt.

1. Beginn der Frist

  • Die Verhandlungsfrist beginnt erst nach der Genehmigung der jeweiligen Anlage (Windrad oder Solarpark). Das bedeutet: Erst wenn die Anlage rechtlich genehmigt ist, startet die Uhr für die Beteiligungsverhandlungen.

2. Dauer der Frist

  • Innerhalb von 12 Monaten nach der Genehmigung muss eine Beteiligungsvereinbarung zwischen Betreiber und Gemeinde abgeschlossen sein. Diese Frist gilt sowohl für Windenergieanlagen als auch für Photovoltaik-Freiflächenanlagen.

Kommt keine Einigung zustande, greift die Ersatzzahlung:

  • Windräder: 0,3 Cent/kWh an das Land.
  • Solarparks: 0,2 Cent/kWh an das Land.

Das Geld fließt nicht direkt an die Gemeinde, sondern in ein Sondervermögen des Landes und wird im jeweiligen Landkreis für „akzeptanzsteigernde Maßnahmen“ verwendet. Die Gemeinde hat keinen direkten Zugriff, sie kann lediglich Anträge stellen. Für die Bürger bedeutet das: Sie bleiben außen vor, es sei denn, ihre Gemeinde hat zuvor eine Vereinbarung mit dem Betreiber getroffen.

Die Kernfrage: Bleibt der Bürger außen vor?

  • Kurz gesagt: Ja, wenn es nur zur Ersatzzahlung ans Land kommt.
  • Nicht zwangsläufig: Nein, wenn Gemeinde und Betreiber eine Vereinbarung schließen, die Einwohner direkt beteiligt (Gutschriften/Direktzahlungen) – das ist möglich und politisch gewollt, aber nicht garantiert.
  • Realistisch: Der Bürger hängt an der Verhandlungskultur seiner Gemeinde und der Kompromissfähigkeit des Betreibers. Scheitert das, bleibt die Beteiligung indirekt und oft zeitverzögert über Landkreis-Projekte.

  • Die Linke: Sie hingegen loben das Gesetz als „guten Tag für die Energiewende“ und sehen darin mehr Akzeptanz und weniger Bürokratie.
  • „Vertrauen wächst, wenn Gemeinden vor Ort mitentscheiden und profitieren.“
  • → Die Linke sieht im Gesetz einen Schritt zu mehr Teilhabe und lokalem Einfluss.

  • SPD: Sie feiert den Gestzentwurf als Verbindung zwischen Klimaschutz, Wirtschaftskraft und soziale Gerechtigkeit. Der Taler in der Tasche ist die konkreteste Form der Teilhabe an der Energiewende, die die Menschen erfahren können. Wir sind hier in Mecklenburg-Vorpommern konkret und handfest, schaffen Akzeptanz und keine Sonntagsreden.“
  • → Die SPD betont, dass finanzielle Beteiligung greifbar sein muss, damit Bürger die Energiewende mittragen und Vertrauen entsteht.

Kritik der Opposition

Die Opposition spart nicht mit deutlichen Worten:

  • AfD: Sie sehen ein Akzeptanzkaufprogramm. Bürger würden mit kleinen Beträgen ruhiggestellt, während Betreiber die eigentlichen Profiteure sind.
  • Man kauft Zustimmung, aber keine Mitbestimmung.“
  • → Die AfD warnt vor einer Scheinbeteiligung, die echte Mitsprache ersetzt.

  • Grüne: Sie sprechen von einer „Nebelkerze“. Die 0,6 Cent seien unverbindlich und ökonomisch kaum darstellbar.
  • „Wer Erwartungen weckt, ohne Anspruch zu geben, produziert Frust statt Zustimmung.“
  • → Die Grünen sehen im Gesetz ein Placebo ohne echte Wirkung für die Bürger.

  • CDU: Für sie ist es ein Gemeindefinanzierungsgesetz mit optionaler Bürgerkomponente“. Bürger hätten keinen Rechtsanspruch.
  • „Ohne direkte Ansprüche bleibt Beteiligung am Ende eine Frage des guten Willens.“
  • → Die CDU kritisiert, dass Bürger nur hoffen dürfen, aber nichts einklagen können.

  • FDP : Das Gesetz sei eher ein „Bürgerbeteiligungsverhinderungsgesetz“
  • „Der Taler in der Tasche wirkt wie eine Karotte, die vor den Bürgern gehalten wird, die sie niemals erreichen.“
  • → Die FDP- meint das Gesetz sei ein „Geburtsfehler“, voller Stolperfallen, mit unsicheren Verhandlungen, langen Fristen und finanziellen Risiken. Am Ende profitiere eher die Landeskasse als die Bürger.

Was heißt das für die Bürger?

Für die Menschen vor Ort bleibt die Beteiligung nach dem jetzigen Entwurf des Gesetzes unsicher. Wenn eine Vereinbarung zustande kommt, können kleine Beträge auf der Stromrechnung oder Direktzahlungen fließen – spürbar, aber meist überschaubar. Wenn die Verhandlungen scheitern, landet das Geld beim Land, der Landkreis entscheidet über die Verwendung, und der Bürger sieht davon nichts direkt.

Ironisch gesagt: Die Windräder drehen sich vor der Haustür, die Beteiligung dreht sich um Verhandlungen – und wenn die scheitern, dreht sich das Geld Richtung Landeskasse.

Nachtrag:

Windeignungsgebiet – 43/25 bei Crivitz (OT-Wessin) – Fristen verstrichen, Beteiligung verpufft?

Nach dem jetzigen Entwurf des Bürgerbeteiligungsgesetzes 2.0 gilt eine klare Regel: Innerhalb von zwölf Monaten nach Genehmigung einer Anlage müssen Betreiber und Gemeinden eine Beteiligungsvereinbarung schließen. Bei Windrädern sind alle Gemeinden im Umkreis von 2,5 Kilometern beteiligt, bei Solarparks nur die Standortgemeinde. Kommt keine Einigung zustande, greift die Ersatzzahlung an das Land, die in ein Sondervermögen fließt und über den Landkreis verteilt wird – nach einem gestellten ANTRAG der Gemeinde- Bürger profitieren dann nicht direkt.

Im Windeignungsgebiet 43/25 bei Wessin, wo bis zu 20 Windräder entstehen sollen, ist diese Frist jedoch schon Geschichte. Die Genehmigung wurde am 4. Oktober 2024 erteilt, die Öffentlichkeit erfuhr davon erst im Februar 2025. Selbst wenn das Gesetz im Dezember 2025 beschlossen wird, wäre die Frist längst verstrichen – ironisch gesagt: die Beteiligung ist schon verfrühstückt, bevor das Gesetz überhaupt gilt.

Hinzu kommt: Bereits rund 60 % der Fundamente für die 20 Windenergieanlagen sind fertiggestellt. Es wird also längst aktiv gebaut, während die Beteiligungsdebatte noch auf dem Papier geführt wird. Die Bürgermeisterin von Crivitz, Britta Brusch-Gamm, stellte am 17. März 2025 im Bericht zu wichtigen Angelegenheiten klar: „Bis zum heutigen Tag haben keine Gespräche mit dem Bauherrn stattgefunden.“ Damit ist deutlich: Verhandlungen sind nicht nur gescheitert, sie haben faktisch gar nicht stattgefunden.

Besonders bemerkenswert ist ihre politische Stellungnahme aus Juli 2024 an den regionalen Planungsverband Westmecklenburg, als die Stadt Crivitz noch große Pläne hatte: „Wir würden gern, im Rahmen des Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz MV, aus Mangel an eigener Fläche in diesem Gebiet, ein ‚physisches‘ Windrad haben wollen – weil 20 % Beteiligung deutlich mehr als ein einzelnes Windrad wären und damit der vernünftige Nutzen für unsere Gemeinde gleichzeitig ein wesentlich besserer wäre.“ Damals wollte man noch groß einsteigen. Heute stellt sich die Frage: Ist das alles nur Luft – oder bezieht sich diese Vision inzwischen auf das Gebiet Crivitz-Ost bei Krudopp, das aktuell im Bauausschuss heiß diskutiert werden soll?

Und doch gab es Kontakt: Am 7. April 2025 beschloss die Stadtvertretung Crivitz einen Nutzungsvertrag mit der Energieallianz MV Projekt Nr. 11 GmbH & Co. KG – für Wege, Leitungen und Kranstellplätze. Einnahmen winken, aber von echter Bürgerbeteiligung bleibt nichts übrig. Für Crivitz bedeutet das: erst einmal leer ausgehen. Wahrscheinlich läuft es auf eine Ersatzzahlung an das Land hinaus, über die der Landkreis entscheidet. Ob die Nachbargemeinden Zapel und Barnin im Stillen verhandeln, ist unklar. Bekannt ist nur, dass sie ihre eigenen Energieparkpläne schon 2024 zurückgezogen haben und einst gemeinsam mit Crivitz (Ortsteil Wessin) auftreten wollten – eine Bekundung, die inzwischen zwölf Monate alt ist.

So bleibt die ironische Pointe: Während die Windräder schon gebaut werden – sind die Fristen für die Bürgerbeteiligung längst vorbei, oder etwa nicht? Für Wessin ist das Gesetz damit nur noch ein Kapitel im Lehrbuch der verpassten Chancen.

Fazit:

Die Ortsteilvertretungen bleiben vakant – seit 2019. 500 Tage ohne Stimme, 320 weitere folgen.

12.Nov.2025 /P-headli.-cont.-red./466[163(38-22)]/CLA-302/41-2025

Demokratie hat sich hier offenbar eine verlängerte Auszeit genommen.

Es gibt diese besonderen Momente in der Kommunalpolitik, in denen man sich fragt, ob die Uhr nicht nur langsam tickt, sondern ob sie schlicht den Dienst quittiert hat. Genau so wirkt es derzeit in Crivitz, wo die Bürgerinnen und Bürger der Ortsteile Wessin und Gädebehn seit über 500 Tagen geduldig auf ihre demokratisch gewählten Ortsteilvertretungen warten – und nun erfahren mussten, dass sie noch weitere 320 Tage Geduld aufbringen sollen. Wie in der Stadtvertretersitzung am 27. Oktober 2025 verkündet wurde, soll die direkte Wahl der Ortsteilvertretungen erst am 20. September 2026 stattfinden. Das ist nicht weniger als zwei Jahre und drei Monate nach der Kommunalwahl 2024. Man könnte sagen: Demokratie braucht hier nicht nur einen langen Atem, sondern auch ein bequemes Sitzkissen und eine Thermoskanne für die Wartezeit.

„Windeignungsgebiet 43/25 [20 WEA] bei Wessin: Politisch gewollt – ökologisch verheerend, ökonomisch für einige wenige lukrativ“!

06.Nov.2025 /P-headli.-cont.-red./465[163(38-22)]/CLA-301/40-2025

Windeignungsgebiet 43/25 bei Wessin: Ein Lehrstück über Macht, Natur und die stille Last der Bürger

Was als Fortschritt verkauft wird, fühlt sich für viele Menschen im Ortsteil Wessin und den umliegenden Dörfern wie ein Rückschritt an. Das Windeignungsgebiet 43/25, in dem bis zu 20 Windenergieanlagen entstehen sollen, ist nicht nur ein technisches Großprojekt – es ist ein politisches Drama, ein ökologischer Kraftakt und ein wirtschaftliches Spiel mit ungleichen Einsätzen. Es ist die Geschichte einer Region, die sich bemüht, gehört zu werden, während Entscheidungen über ihre Zukunft längst in anderen Räumen getroffen wurden – nicht zuletzt in unmittelbarer Nähe zum Umspannwerk der WEMAG AG.

Bereits im Sommer 2024 zeichnete sich ab, dass die Stadt Crivitz mit ihrer Bürgermeisterin Britta Brusch-Gamm (CWG) nicht bereit war, die Pläne für das Windgebiet widerspruchslos hinzunehmen. In einer politischen Stellungnahme, gerichtet an den Regionalen Planungsverband sowie an Mitglieder des Kreistags und Landtags, formulierte sie eindringlich die Sorgen und Einwände der Stadt. Die Region rund um Barnin, Zapel und Wessin sei ökologisch sensibel, eine Vogelschutzzone der Stufe 3 – nicht die höchste Schutzklasse, aber dennoch ein wertvolles Nahrungshabitat für zahlreiche Arten. Der Investor hatte seine Bauunterlagen vorgelegt, doch die Stadt verweigerte das gemeindliche Einvernehmen. Es fehlten Unterlagen, Nachbesserungen blieben aus. Die Stadt reagierte mit einer Veränderungssperre, wollte eigene Untersuchungen anstoßen, eine alternative Planung entwickeln – ein letzter Versuch, Einfluss zu nehmen.

Doch die Kommunikation blieb brüchig. Der Regionale Planungsverband reagierte auf die Einwände der Stadt mit knappen Worten: Dem Hinweis wird nicht gefolgt.“ Wirtschaftliche Teilhabe sei gesetzlich geregelt, aber nicht Gegenstand der Regionalplanung. Auch das zuständige Ministerium schwieg. Die rechtlichen Rahmenbedingungen änderten sich durch das Wind-an-Land-Gesetz, die kommunale Planung wurde entwertet. Die Bürgermeisterin sprach später von einem „Plan für NICHTS“. Ein bitteres Fazit, das die Ohnmacht der lokalen Ebene gegenüber übergeordneten Interessen offenlegt.

Während die Stadt öffentlich um Mitsprache rang, formierte sich im Hintergrund eine neue Dynamik. Die Arbeitsgruppe „Wärme und Energie“ der Stadt Crivitz wurde im August und September 2024 reaktiviert – unter Leitung von Alexander Gamm, Ehemann der Bürgermeisterin, CWG-Fraktionär. Auf Facebook tritt er unter dem Namen Paul Hermann auf, nicht als technischer Experte, sondern als politischer Gestalter. Seine Rolle ist komplex: Er ist Strippenzieher, Stratege und Teil eines Netzwerks, das sich zunehmend selbst organisiert und im nicht öffentlichen Teil ausschließlich berät. Mit Unterstützung der Landesenergieagentur LEKA MV entwickelte die Stadt ein Strombilanzkreismodell, das nicht nur öffentliche Gebäude, sondern auch Unternehmen und Privathaushalte versorgen sollte.

Die Idee war charmant: Wenn die Windräder schon kommen, sollen die Gemeinden wenigstens wirtschaftlich profitieren. Wir sprachen beim zuständigen Ministerium vor und machten dort auf dieses Modell aufmerksam. Unsere Vorstellungen gehen noch weiter: dass wir das Strombilanzkreismodell gern nicht nur für unsere öffentlichen Gebäude nutzen wollten, sondern auch für die umliegenden Unternehmen und Privathäuser. DAS WÄRE AUS UNSERER SICHT EINE ECHTE BETEILIGUNG DER MENSCHEN, DIE DIE LAST TRAGEN. Wir würden gern, im Rahmen des Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz MV, aus Mangel an eigener Fläche in diesem Gebiet, ein physisches“ Windrad haben wollen – weil 20 % Beteiligung deutlich mehr als ein einzelnes Windrad wären und damit der vernünftige Nutzen für unsere Gemeinde gleichzeitig ein wesentlich besserer wäre.“

Eine völlig neue Denkweise und Herangehensweise zu diesem gesamten Windthema wurde sichtbar. Am 23.09.2024 wurde überraschend schnell eine Absichtserklärung (Letter of Intent, LoI) zur Zusammenarbeit bei der Entwicklung eines Wärmeversorgungsprojekts in der Stadt Crivitz vertraglich abgeschlossen. Während sich die Stadt Crivitz klammheimlich mit der WEMAG AG zusammentat, um eine eigene Wärmegesellschaft zu gründen, blieb die Öffentlichkeit – mal wieder – komplett außen vor. Natürlich gibt es diesen LoI, aber wer hätte gedacht, dass dieser Vertrag im Geheimen abgeschlossen wurde? Keine öffentliche Diskussion, keine Ausschussberatung, keine Bürgerinformation über Inhalte oder gegenseitige Verpflichtungen.

So erfuhr die Stadt Crivitz erst durch eine Veröffentlichung des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg (StALU WM) am 10. Februar 2025, dass die Genehmigung für den Bau und Betrieb der 20 Windkraftanlagen bereits am 4. Oktober 2024 erteilt worden war. Die Bürgermeisterin zeigte sich entrüstet Ihren Bericht vom 17.03.2025: „Der Bauherr hatte uns Beteiligungsmöglichkeiten zugesagt. Danach wollte man nicht mehr mit uns reden.“

„Windeignungsgebiet 43/25 bei Wessin: Politisch als ‚überragendes öffentliches Interesse‘ deklariert – ökologisch jedoch ein Desaster“

Die Genehmigung für das Windeignungsgebiet in Wessin-Zapel-Barnin  umfasst auch eine Ausnahme vom Biotopschutz nach § 20 NatSchAG M-V. So wurde eine Ausnahmegenehmigung für die mittelbaren Beeinträchtigungen eines 7.804 m² Feldgehölzes mit Bäumen, 1.232 m² Baumreihe, 11 Einzelbäumen und 14.003 m² naturnahes Kleingewässer erteilt. Die Verpflichtung zur Kompensation des Eingriffs in das Landschaftsbild im Umfang von 30,8386 ha Kompensationsflächenäquivalenten geht auf die Flächenagentur M-V GmbH über – ein rechtlich zulässiger, aber ökologisch fragwürdiger Vorgang.

Auch während der Bauphase gelten Auflagen: Gesetzlich geschützte Gehölze dürfen nicht beschädigt werden, Amphibienschutzzäune sind zu errichten, und Brutaktivitäten von Vögeln müssen durch Fachpersonal geprüft werden. Doch laut Bürgerberichten aus Wessin und Zapel-Hof wurden in diesem Jahr bis zu 18 Rotmilane gesichtet – so viele wie nie zuvor. Sie nutzen die verbliebenen Baumreihen und Sölle mit hohen Bäumen als Schlafplätze. Das Gebiet ist ein begehrtes Nahrungshabitat für Großvögel – doch das scheint niemanden mehr zu interessieren. Der Bau schreitet dennoch voran.

Am 7. April 2025 beschloss die Stadtvertretung den Abschluss eines Nutzungsvertrags mit der Energieallianz MV Projekt Nr. 11 GmbH & Co. KG. Es geht um die Verlegung von Versorgungsleitungen, temporäre Wegeflächen und Kranstellplätze auf öffentlichen Flächen. CWG-Fraktionär Markus Eichwitz, zugleich erster Bürgermeister, informierte über die Nutzungsentgelte. Die Stadt, die zuvor auf Widerstand setzte, reagierte nun schnell, als Einnahmen winkten. Im Oktober 2025 betonte die Bürgermeisterin in einer öffentlichen Stellungnahme plötzlich:Seit nunmehr fast drei Jahren arbeiten wir in einer Arbeitsgruppe gemeindeübergreifend  (ohne Sitzungsgeld, Mitglieder nehmen Urlaub für wichtige Termine tagsüber) an einem Wärme- und Energiekonzept mit der WEMAG, um auch hier mehr Einnahmen aber auch Kostenminimierung durch das Strom­ Bilanzkreis- Modell für Schule, Kita und Turnhalle zu erreichen.“

Seit Frühjahr 2025 ist die Energieallianz MV Projekt Nr. 11 GmbH & Co. KG aktiv im Bau tätig die bereits im Juli 2025  ihre Geschäftsanschrift nach 26605 Aurich geändert hat. Bereits im November 2025 sind rund 65 % der Fundamente fertiggestellt.

Zwei Montagetrupps mit Kränen könnten ab April 2026 mit dem Aufbau der Windräder beginnen. Bei optimaler Logistik und rechtzeitiger Lieferung der Bauteile ist eine Fertigstellung bis Oktober 2026 realistisch – spätestens aber bis Dezember 2027.

Die Auflagen für den Bau sind umfangreich, aber ihre Umsetzung bleibt fraglich. Die ökologische Belastung ist spürbar, die Kommunikation lückenhaft, die wirtschaftlichen Interessen klar verteilt – und die Bürger? Sie tragen die Last.

Was bleibt, ist ein Gefühl der Enttäuschung. Ein Projekt, das unter dem Deckmantel des „überragendes öffentliches Interesse“ und „öffentliche Sicherheit“ gemäß § 2 EEG vorangetrieben wird, entpuppt sich als Paradebeispiel für politische Widersprüchlichkeit, intransparente Entscheidungsprozesse und einseitige wirtschaftliche Nutznießung. Die Bürgerinnen und Bürger verdienen volle Transparenz, echte Beteiligung und eine ehrliche Debatte – nicht nur über Windräder, sondern über die Zukunft ihrer Region.

Fazit:

Fortschritt ohne Vertrauen ist kein Gewinn

Nachruf auf Herrn Dipl.-Ing. Klaus Gottschalk

01.Nov.2025 /P-headli.-cont.-red./464[163(38-22)]/CLA-300/39-2025

Mit großer Betroffenheit und aufrichtiger Anteilnahme möchten wir, die Redaktion des Crivitzer Lokalanzeigers, an dieser Stelle das nachholen, was in der öffentlichen Würdigung bislang versäumt wurde: einen ehrenden Nachruf auf Klaus Gottschalk, der am 28. September 2025 im Alter von 73 Jahren verstorben ist.

Klaus Gottschalk war über Jahrzehnte hinweg eine prägende Persönlichkeit der Crivitzer Kommunalpolitik. Als langjähriger Stadtvertreter und engagierter Bürger setzte er sich mit außergewöhnlicher Hingabe für die Belange unserer Stadt und ihrer Menschen ein. Für sein über 20-jähriges ehrenamtliches Engagement wurde ihm im August 2014 die Ehrennadel des Städte- und Gemeindetages verliehen – eine verdiente Anerkennung für seinen unermüdlichen Einsatz. Auch nach diesem offiziellen Meilenstein blieb er bis zum Juli 2019 aktiv in der Stadtvertretung, bevor er sich aus gesundheitlichen Gründen zurückzog. Was Klaus Gottschalk auszeichnete, war nicht allein seine fachliche Kompetenz als Diplom-Ingenieur, die insbesondere im Bauausschuss geschätzt wurde. Es war vor allem seine menschliche Haltung, die ihn zu einem verlässlichen Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger machte. Er hörte zu, gab kluge Ratschläge, und hatte stets ein offenes Ohr für Anliegen, die andere vielleicht überhörten. Dabei war er nie parteiisch, sondern stets der Sache verpflichtet – mit einem feinen Gespür für Gerechtigkeit, sozialer Verantwortung und kommunaler Transparenz.

Klaus Gottschalk scheute sich nicht, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Mit Mut und Klarheit legte er den Finger in die Wunde, wenn es notwendig war – immer mit dem Ziel, das Beste für Crivitz zu erreichen. Seine Stimme war eine Stimme der Vernunft, des Ausgleichs und der konstruktiven Kritik. Viele Bürgerinnen und Bürger erinnern sich an ihn als jemanden, den man jederzeit ansprechen konnte – und der nie auswich, sondern sich kümmerte.

In den vergangenen Wochen wurde das Andenken an Klaus Gottschalk nicht in dem Umfang öffentlich gewürdigt, wie es seinem langjährigen Wirken für die Stadt Crivitz entsprochen hätte. Gelegenheiten, die Raum für ein stilles Erinnern auf Sitzungen hätten bieten können, sind vorbeigegangen – was viele Menschen bewegt und nachdenklich gestimmt hat. Denn mit Klaus Gottschalk verbinden wir nicht nur politische Verantwortung, sondern auch persönliche Begegnungen, wertvolle Gespräche und aufrichtige Unterstützung.

Deshalb ist es unserer gesamten Redaktion ein aufrichtiges Anliegen, ihm auf diesem Wege die Wertschätzung zukommen zu lassen, die seinem langjährigen Wirken und seiner Persönlichkeit gerecht wird.

Crivitz verliert mit Klaus Gottschalk nicht nur einen verdienten Kommunalpolitiker, sondern einen Menschen, der mit Herz, Verstand und Haltung gewirkt hat. Sein Engagement für unsere Stadt war über viele Jahre hinweg sichtbar – in Ausschüssen, Gesprächen, Initiativen und nicht zuletzt in seinem offenen Ohr für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger. Sein Andenken wird in unserer Stadt weiterleben – in den Erinnerungen derer, die ihn kannten, und in dem, was er für Crivitz bewegt hat.

Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, seinen Freunden und allen, die ihn vermissen. Wir verneigen uns in Dankbarkeit und Respekt.

Die Redaktion des Crivitzer Lokalanzeigers.